Entwässerung eines Grundstückes ohne Hauptgrabenanschluss oder Regenwassersiel über ein Nachbargrundstück

Wie wird mein Grundstück sein Wasser wieder los?

Man unterscheidet hier vier verschiedene Arten von abfließendem Wasser:

  1. Wild abfließendes Oberflächenwasser
  2. Wasserabfluss von versiegelten Flächen und Dächern
  3. Wasser in Beet- und Grenzgräben
  4. Rohrleitungen über Nachbargrundstücke

1. Wild abfließendes Oberflächenwasser

Wild abfließendes Oberflächenwasser ist das Wasser, das in einem Bett fließt (z.B. ein Bach), Wasser das aus dem Meer kommt und z.B. über oder unter dem Deich fließt und Grundwasser, das aus dem Boden kommt.

Dieses Wasser muss der tiefer liegende Nachbar vom höherliegenden Grundstück abnehmen, und zwar so, wie es kommt. Der Weg des Wassers darf weder von der abgebenden Seite baulich begünstigt, noch von der annehmenden Seite baulich behindert werden. Als Maßstab gilt hier die Geländebeschaffenheit von 1962. Sollte die Abnahme des Wassers für den unteren Anlieger aber (finanziell) zu aufwändig werden, kann er dies dem oberen Anlieger in Rechnung stellen.

2. Wasserabfluss von versiegelten Flächen und Dächern

Wasser von Dächern oder sonstigen versiegelten Flächen wird als Trauf- oder Oberflächenwasser bezeichnet. Dieses Wasser muss der Grundstücksbesitzer selbst entsorgen. Ein Nachbar muß es nicht abzunehmen, und es kann von ihm keine Überleitung über sein Grundstück verlangt werden (außer es gibt im Grundbuch, im Wasserbuch oder Baulastenverzeichnis verbriefte Rechte). Nimmt der Nachbar dieses Wasser trotzdem auf, so ist das eine freundliche Geste, die unter Umständen nach mehreren Jahren zu einem Art „Gewohnheitsrecht“ werden kann.

3. Wasser in Beet- und Grenzgräben

Beetgräben sind vorflutlose Gräben auf einem oder mehreren Flurstücken nur eines Eigentümers. Sofern und solange sie keine wasserwirtschaftliche Bedeutung haben für Dritte, die Bodenentwässerung oder das Landschaftsbild sind sie keine Gewässer im Sinne des Wasserrechts. In einer Niederung wie der Nettelnburg haben sie aber eine wichtige Funktion als Zwischenspeicher von Niederschlagswasser und müssen daher erhalten bleiben.

Grenzgräben verlaufen, wie der Name schon sagt, mehr oder weniger auf der Flurstücksgrenze. Sind an ihnen mindestens zwei Grundstücke angeschlossen, muss das Wasser durchgeleitet werden. Bei Grenzgräben handelt es sich per Gesetz um Gewässer, denen ein besonderer Schutz zukommt.

4. Rohrleitungen über Nachbargrundstücke

Rohrleitungen kann ein Grundstücksbesitzer nicht einfach über ein Nachbargrundstück legen. Hierzu muss dieser Nachbar zustimmen und er kann eine finanzielle Entschädigung hierfür verlangen. Selbst alte vorhandene Leitungen können vom Grundstücksbesitzer auf seinem Grundstück entfernt werden, egal zu welchem Zweck die dienen. Eine Ausnahme gibt es dann, wenn diese Rohrleitung durch einen Eintrag im Grundbuch (Grunddienstbarkeit), im Wasserbuch (§ 98 Hamburgisches Wassergesetz) oder durch einen Vermerk im Baulastenverzeichnis eingetragen ist. Hier sind dann meistens auch die Bedingungen für diese Leitung verzeichnet.

Zusammenfassung

Aus diesen Ausführungen kann man sehen, dass es nur für nicht gefaßtes, diffus abfließendes Regenwasser und Wasser, das über die Ufer von Gewässern tritt, einen Durchleitungsanspruch beim Nachbarn gibt. Das gesamte Wasser von Bauwerken (Dach- oder Traufwasser) muss ein Grundstücksbesitzer auf seinem Grundstück selbst „entsorgen“, wenn er keinen verbrieften Anspruch auf Durchleitung oder Abfluss hat. Das Dachwasser wird aber nie zu „wildem abfließenden Wasser“, auch wenn es mal kurz durch den Garten oder den Graben läuft.

Deshalb ist es wichtig, sich mit seinem Nachbarn zu vertragen und einvernehmlich und gemeinsam für die Entwässerung zu sorgen. Aus diesem Grunde nennen wir Ihnen auch nicht den Namen und die Adresse eines auf Nachbarrecht und Abwasser spezialisierten Bergedorfer Anwalts.

Grunddienstbarkeiten und Baulasten

In Form einer Grunddienstbarkeit kann in das Grundbuch eines Grundstückes die Verpflichtung eingetragen sein, das Wasser des Nachbarn durchzuleiten. Völlig unabhängig von der Gesetzeslage. Eine Grunddienstbarkeit ist eine Belastung eines Grundstücks zugunsten des Eigentümers eines anderen Grundstücks in irgendeiner beschriebenen Weise, z.B. eben ein Wasserdurchleitungsrecht. Hier wird die Beziehung zweier Grundstückseigentümer geregelt. So eine Grunddienstbarkeit kann in der Vergangenheit vom Nachbarn erkauft worden sein. Teilweise sind hierfür Gegenleistungen zu erbringen (z.B. „Wasserdurchleitung gegen Rasenmähen“). Bitte im Grundbuch prüfen.

Desgleichen kennt auch das Wasserrecht derartige Verpflichtungen: Duldungen der Durchleitung oder Mitbenutzungen von bestehenden Abwasseranlagen (§ 70 Hamburgisches Wassergesetz). Ist die schadlose Ableitung von Niederschagswasser auf andere Weise nicht möglich, kann die Wasserbehörde gegen Entschädigung und/oder Beteiligung an der Unterhaltung und Pflege die Übernahme anordnen.

Eine Baulast ist im Bauordnungsrecht einiger deutscher Bundesländer eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung eines Grundstückseigentümers gegenüber der Baubehörde, bestimmte das Grundstück betreffende Dinge zu tun, zu unterlassen oder zu dulden. z.B. Wasser von Nachbarn durchzulassen. Über die Baulasten wird bei den Baubehörden ein Baulastenverzeichnis geführt. Hier ist das Recht nicht zwischen den Nachbarn privat geregelt, sondern zwischen Grundstücksbesitzer und Staat. Zur Prüfung das Baulastenverzeichnis einsehen, im Grundbuch wird hierzu nichts stehen.

Hier ein paar grundlegende Gesetzestexte hierzu

Wasserhaushaltsgesetz (Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts) von 2009

§ 2 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für folgende Gewässer:

  1. oberirdische Gewässer,
  2. Küstengewässer
  3. Grundwasser.

Es gilt auch für Teile dieser Gewässer.

(1a) Für Meeresgewässer gelten die Vorschriften des § 23 und des Kapitels 2 Abschnitt 3a. Die für die Bewirtschaftung der Küstengewässer geltenden Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Die Länder können kleine Gewässer von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung, insbesondere Straßenseitengräben als Bestandteil von Straßen, Be- und Entwässerungsgräben, sowie Heilquellen von den Bestimmungen dieses Gesetzes ausnehmen. Dies gilt nicht für die Haftung für Gewässerveränderungen nach den §§ 89 und 90.

§ 3 Begriffsbestimmungen

Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:

  1. Oberirdische Gewässer: das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser
  2. Küstengewässer: das Meer zwischen der Küstenlinie bei mittlerem Hochwasser oder zwischen der seewärtigen Begrenzung der oberirdischen Gewässer und der seewärtigen Begrenzung des Küstenmeeres; die seewärtige Begrenzung von oberirdischen Gewässern, die nicht Binnenwasserstraßen des Bundes sind, richtet sich nach den landesrechtlichen Vorschriften
  3. Meeresgewässer: die Küstengewässer sowie die Gewässer im Bereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels, jeweils einschließlich des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes
  4. Grundwasser: das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht
  5. Künstliche Gewässer: von Menschen geschaffene oberirdische Gewässer oder Küstengewässer

§ 93 Durchleitung von Wasser und Abwasser

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.

Hamburgisches Wassergesetz (HWaG) von 2005

§ 1 Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für die in § 1 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes – WHG – vom 27. Juli 1957 (BGBl. I S. 1110) in der jeweils geltenden Fassung bezeichneten Gewässer sowie für das nicht aus Quellen wild abfließende Wasser.

(2) Das Wasserhaushaltsgesetz – mit Ausnahme des § 22 über die Haftung für Änderungen der Beschaffenheit des Wassers – und dieses Gesetz gelten nicht für:

  1. Gewässer, die ausschließlich der Fischzucht oder der Fischhaltung dienen (…)
  2. offene und verrohrte Gräben innerhalb öffentlicher Wege
  3. Gräben, die nicht der Vorflut oder die der Vorflut von Grundstücken nur eines Eigentümers dienen, soweit sie Gewässer von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung sind.

§ 7 Wild abfließendes Wasser

(1) Der Eigentümer hat auf seinem Grundstück das wild abfließende Wasser aufzunehmen, das diesem infolge der natürlichen Geländeverhältnisse oder von einem vor dem Jahre 1962 geschaffenen Damm oder Deich zufließt.

(2) Der Abfluss des Wassers darf nicht durch Vorrichtungen zum Nachteil eines tiefer liegenden Grundstücks geändert werden. Unter dies Verbot fällt nicht eine natürliche Veränderung des Wasserablaufs als Folge einer veränderten wirtschaftlichen Nutzung eines Grundstücks.

(3) Kann der Eigentümer des tiefer liegenden Grundstücks das Wasser nicht oder nur mit erheblichen Kosten weiter abführen, so ist er zur Aufnahme nur verpflichtet, wenn der Vorteil für den Eigentümer des höherliegenden Grundstücks den Schaden für das tiefer liegende Grundstück erheblich übersteigt. In diesem Falle ist er zu entschädigen.

(4) Zum Wohle der Allgemeinheit kann die Wasserbehörde anordnen, dass der Zu- oder Abfluss des Wassers geändert wird.

§ 70
Durchleiten von Wasser und Abwasser

(1) Ist für Anlagen zur Wasserversorgung, Abwasserableitung, Bewässerung oder Entwässerung von Grundstücken das Durchleiten von Wasser oder Abwasser durch fremde Grundstücke erforderlich, so kann die Wasserbehörde die Eigentümer dieser Grundstücke verpflichten, das oberirdische oder unterirdische Durchleiten und dazu notwendige Unterhaltungsmaßnahmen zu dulden. Das gilt nicht für Grundstücksteile, auf denen sich Gebäude befinden.

(2) Sind Nachteile oder Belästigungen zu befürchten, so ist die Verpflichtung nur zulässig, wenn geschlossene, wasserdichte Leitungen, beim Leiten durch Hofräume, Gärten oder Parkanlagen unterirdische Leitungen, verwendet werden. (…).

Hinweis: Diese Ausführungen sind keine rechtliche Beratung, sondern nur eine Zusammenfassung von verschiedenen nicht überprüften Quellen. Dies soll auch nur als Anhaltspunkt für die gute nachbarschaftliche Zusammenarbeit dienen. Also keine Gewähr für eine juristisch einwandfreie Sichtweise der Wasserdurchleitungsrechte.

Hier der Text als Merkblatt zum Download