Informationen und Allgemeines zu Planfeststellungsverfahren

Planfeststellungsverfahren, Plangenehmigungsverfahren

Viele Infrastrukturvorhaben und andere Großprojekte dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn zuvor ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt wurde. Das Rechtsamt der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) ist in Hamburg die zuständige Planfeststellungs- und Anhörungsbehörde für Maßnahmen wie z.B. für den Ausbau von Gewässern, soweit nicht die Bezirke zuständig sind.

Für den Ausbau des Grabensystems in Nettelnburg ist ein solches Planfeststellungsverfahren zwingend notwendig. Die Unterhaltung der Gräben (Reinigung, Entschlammen, Vertiefung auf Solltiefen, Verbreiterung auf Sollbreiten, Mähen, Entkrauten usw.) ist hiervon nicht betroffen.

Die Aufgabe der Planfeststellungsbehörde besteht zunächst darin, die vorgelegten Planfeststellungsunterlagen auf deren Vollständigkeit zu überprüfen. Sodann übergibt sie die Unterlagen der Anhörungsbehörde mit der Bitte, das Anhörungsverfahren durchzuführen.

Das Anhörungsverfahren besteht aus folgenden Verfahrensschritten:

  • Bekanntmachung, Beteiligung, öffentliche Auslegung der Planunterlagen
  • Weiterleitung der Stellungnahmen und Einwendungen an den Vorhabensträger
  • Durchführung des Erörterungstermins
  • Erstellung einer Stellungnahme durch die Anhörungsbehörde und Weiterleitung an die Planfeststellungsbehörde

Nach Abschuss des Anhörungsverfahrens fertigt die Planfeststellungsbehörde – sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen – einen Planfeststellungsbeschluss, der sich mit allen vom Vorhaben betroffenen Rechtsbeziehungen auseinandersetzt.

Sinn und Zweck

Im Planfeststellungsverfahren werden alle von dem Vorhaben betroffenen öffentlichen und privaten Belange ermittelt, erörtert und gegeneinander abgewogen, sowie widerstreitende Interessen nach Möglichkeit ausgeglichen. Die Zulässigkeit des Vorhabens wird am Ende mit dem Planfeststellungsbeschluss festgestellt.

Der Planfeststellungsbeschluss ersetzt alle nach anderen Rechtsvorschriften notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, Erlaubnisse, Bewilligungen und Zustimmungen.

Im Planfeststellungsverfahren wird nicht über die Höhe der Entschädigung z.B. für die Inanspruchnahme fremder Grundstücke entschieden; der Planfeststellungsbeschluss ist aber Grundlage für ein Entschädigungsverfahren. Hierbei kann es auch Enteignungen von Grundstücken oder Teilen davon kommen, wenn diese für das Vorhaben notwendig sind.

Bei konfliktarmen Vorhaben kann ggf. auf eine Planfeststellung verzichtet und eine Plangenehmigung erteilt werden. In manchen Fällen kann die Planfeststellungsbehörde sogar ganz auf Planfeststellung oder Plangenehmigung verzichten. Sie erlässt dann eine sogenannte Verzichtsentscheidung.

Vorhabensträger

Als Vorhabensträger werden die Antragsteller in Planfeststellungsverfahren bezeichnet. Dies kann möglicherweise auch ein Wasserverband als Körperschaft des öffentlichen Rechts sein.

Antrag

Für Infrastrukturvorhaben und bestimmte Großprojekte ist gesetzlich ein Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben. Den Antrag auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens stellt der Vorhabensträger. Hierzu reicht er die Antragsunterlagen bei der Planfeststellungsbehörde ein. Die Antragsunterlagen bestehen aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen. Er beinhaltet ferner die Erfassung der Natur und Landschaft einschließlich einer Bewertung der Eingriffe (sog. Landschaftspflegerischer Begleitplan, LBP), ggf. eines Fauna-Flora-Habitat- (FFH) sowie eines artenschutzrechtlichen Fachbeitrages. Anlassbezogen werden die Unterlagen erweitert um schalltechnische Berechnungen, um Darstellung der elektrischen und elektromagnetischen Felder bzw. auch um wassertechnische Berechnungen oder andere relevante Unterlagen.

Antragsunterlagen

hier sind nur beispielhaft dem Antrag beizulegen:

  • Erläuterungsbericht, Veranlassung, Beschreibung der Maßnahme
  • Übersichtskarte M. 1 : 25.000 (Topographische Karte) mit Kennzeichnung der Lage der geplanten Maßnahme
  • Auszug aus der Liegenschaftskarte (Flurkarte) mit Kennzeichnung der geplanten Maßnahme und der Gewässer
  • Eigentumsnachweis (Auszug aus dem Liegenschaftskataster) aller Beteiligter
  • Bau- und Betriebsbeschreibung
  • Ausführungszeichnung der Maßnahme (Draufsicht, Schnitt)
  • Eingriffs- und Ausgleichsermittlung nach § 17 Abs. 4 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) naturschutzfachliche Stellungnahme durch einen Fachplaner
  • Beschreibung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme
  • Ausführungszeichnung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme
  • Einverständniserklärung der Behörden, des zuständigen Verbandes und der betroffenen Grundstückseigentümer und Anlieger (ggfls Enteignung)
  • Beschreibung der möglichen Umweltauswirkungen
  • Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag
  • Hydrologisches Gutachten
  • Hydraulisches Gutachten

Bekanntmachung, Beteiligung, Planauslegung

Die Antragsunterlagen werden von der Anhörungsbehörde in den Bezirken, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirkt, einen Monat lang zur allgemeinen Einsichtnahme ausgelegt. Diese Auslegung wird zuvor im Amtlichen Anzeiger bekannt gemacht. Nicht ortsansässige Betroffene werden durch die Anhörungsbehörde über die öffentliche Auslegung benachrichtigt. Weiterhin erhalten die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, Gelegenheit zur Stellungnahme (sog. Träger öffentlicher Belange, s. u.).

Betroffene, Naturschutzverbände

Betroffener eines Vorhabens ist jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden. Beispielsweise kann durch die Inanspruchnahme von Grundeigentum in bestehende Rechte eingegriffen werden.

Die nach § 65 Bundesnaturschutzgesetz anerkannten Naturschutzverbände sind infolge des Infrastrukturbeschleunigungsgesetzes den Betroffenen gleichgestellt. Aufgrund ihrer Stellung als Naturschutzverbände können sie ausschließlich naturschutzfachliche Dinge im Rahmen ihrer Satzungsbefugnisse rügen. Ferner obliegen diese Verbände einer gesteigerten Substantiierungspflicht; der bloße Verweis auf die Unvereinbarkeit mit dem Naturschutzrecht genügt diesen Vorgaben nicht.

Einwendungen

Jeder, der seine Belange durch das geplante Vorhaben berührt sieht, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist (ein Monat) bei dem Bezirksamt, in dem die Auslegung stattfindet, oder direkt bei der Anhörungsbehörde Einwendungen einreichen, Anregungen geben oder Vorschläge machen.

Zu spät erhobene Einwendungen können grundsätzlich keine Berücksichtigung mehr finden.

Einwendungen müssen zumindest erkennen lassen, worin sich die Betroffenen in ihren Rechten beeinträchtigt sehen. Andernfalls braucht die Anhörungs-/ Planfeststellungsbehörde hierauf nicht eingehen. Die Betroffenen sind insoweit auch im Klageverfahren mit derartigem Vorbringen ausgeschlossen (sog. Präklusion).

Träger öffentlicher Belange

Im Planfeststellungsverfahren sind als Träger öffentlicher Belange diejenigen Stellen zu beteiligen, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Dies können z.B. die Fachbehörden, Bezirksämter, Leitungsunternehmen und andere Stellen sein.

Stellungnahmen

Träger öffentlicher Belange geben in ihren Stellungnahmen Hinweise zum Vorhaben aus ihrem zuständigen Fachgebiet.

Weiterleitung an Vorhabensträger

Die Einwendungen und Stellungnahmen, die im Laufe des Beteiligungsverfahrens eingehen, werden dem Vorhabensträger zur Erwiderung übersandt. Die Weitergabe auch personenbezogener Daten ist datenschutzrechtlich zulässig und auch für die Erwiderung durch den Vorhabensträger sachgerecht. Die Vorhabensträger sind verpflichtet, die erhaltenen Daten ausschließlich zum Zweck des Planfeststellungsverfahrens zu nutzen.

Äußerungen zu Einwendungen und Stellungnahmen

Der Vorhabensträger bezieht Stellung zu den eingereichten Einwänden, Vorschlägen und Hinweisen. So kann gegebenenfalls den Anregungen der Einwender gefolgt und die Planung geändert werden; andernfalls legt der Vorhabensträger dar, warum dem Einwand aus dessen Sicht nicht gefolgt werden kann.

Erörterungstermin

Die Anhörungsbehörde erörtert die fristgerecht erhobenen Einwendungen und Stellungnahmen zu den Antragsunterlagen mit dem Vorhabensträger, den Trägern öffentlicher Belange, sowie den betroffenen Personen und den Naturschutzverbänden, die Einwendungen erhoben haben. In bestimmten Fällen kann auf eine Erörterung verzichtet werden (vgl. z.B. § 17a FStrG).

Ziel der Erörterung ist es, die Informationsbasis der Anhörungsbehörde zu erweitern, um eine sachgerechte Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu gewährleisten.

Der Erörterungstermin ist nicht öffentlich. Lediglich der zuvor genannte Personenkreis bzw. Betroffene sind zugelassen. Die Verhandlungsleitung kann Ausnahmen erteilen, wenn keiner der Anwesenden Einwände erhebt.

Prüfung, Begutachtung, Abwägung

Im Anschluss an den Erörterungstermin prüft die Anhörungsbehörde die vorliegenden Informationen und begutachtet die vorgetragenen Sachverhalte nach der geltenden Rechtslage. Sie wägt die widerstreitenden Interessen gegeneinander ab und sucht eine Lösung, bei der kein Beteiligter unverhältnismäßig belastet wird.

Planänderungen, ergänzende Gutachten

Die im Erörterungstermin besprochenen Lösungsmöglichkeiten können beispielsweise Planänderungen zur Folge haben, für deren Bewertung im Abwägungsprozess ergänzende Gutachten (z. B. schalltechnische Untersuchungen) benötigt werden. Diese werden bei der Planfeststellungsbehörde eingereicht und dort daraufhin überprüft, ob diese eine erneute Beteiligung hervorrufen.

Planfeststellungsbeschluss

Mit dem Planfeststellungsbeschluss wird das Vorhaben genehmigt. Hierbei werden alle von dem Bauvorhaben betroffenen öffentlichen und privaten Belange in angemessener Weise gegeneinander abgewogen und widerstrebende Interessen ausgeglichen, ohne dass es weiterer öffentlicher Verfahren oder Zustimmungen anderer Behörden bedarf. Der Planfeststellungsbeschluss erteilt insoweit alle ansonsten erforderlichen Genehmigungen und bündelt sie in einer Entscheidung (sog. Konzentrationswirkung).

Rechtsmittel

Gegen einen Planfeststellungsbeschluss kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden. Für bestimmte, im Infrastrukturbeschleunigungsgesetz bzw. Energieleitungsausbausgesetz vorgesehene Maßnahmen ist die erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht vorgesehen.

Die Klage ist schriftlich zu erheben und muss den Kläger, den Beklagten sowie den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen.

Überprüfung durch das Gericht

Wird Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss erhoben, überprüft das jeweils zuständige Gericht die Rechtmäßigkeit der getroffenen Regelungen.

Quelle: Informationen der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation in www.Hamburg.de, geringfügig gekürzt und erweitert.